Als Martin Daum (60) am 24. Juni zu seinen Führungskräften spricht, ist die Stimmung gereizt. 2019 sei ein verlorenes Jahr gewesen, resümiert Daimlers Truckchef per Videokonferenz, man habe die Ziele verfehlt, dazu komme jetzt der Corona-Einbruch. Die eigentliche Botschaft folgt: Die Fixkosten müssten in Europa um 22 Prozent gesenkt werden, das erfordere im Management einen Personalabbau um 30 Prozent.
Warum dann niemand auf oberster Ebene gehe, fragt ein Abteilungsleiter im Chat. Man könne das nicht an einer Person festmachen, antwortet Daum. "Höchstens an mir", zitiert ihn ein Teilnehmer. Aber er habe eine frische Bestätigung des Aufsichtsrats.
Der Ton ist gesetzt. Und nicht nur bei den Trucks. "Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt", sagt ein betroffener Pkw-Manager.
Konzernchef Ola Källenius (51) hat in kleinen Runden angekündigt, die Gewinnschwelle um 10 bis 15 Prozent zu senken und die Kosten entsprechend zu drücken, er lässt weltweit Werkschließungen durchrechnen. Global könnten inklusive nicht neu besetzter Stellen rund 30.000 Jobs wegfallen, berichten Daimler-Finanzer. "Källenius macht ernst", sagt ein Aufsichtsrat. "Der zieht das jetzt durch." Details des Sparprogramms stellt der Chef Ende Juli dem Aufsichtsrat vor.
Es wird um einen Kahlschlag gehen, wie es ihn in der Konzerngeschichte nicht gegeben hat. Intern werden die Führungskräfte seit längerem auf die anstehenden Trennungsgespräche vorbereitet. Allein bei den Trucks werde es für fast 17.000 Mitarbeiter außerhalb der Produktion Abfindungs- oder Altersteilzeitangebote geben, so ein Personaler. Die frühere doppelte Freiwilligkeit gelte nur noch auf dem Papier. Truckchef Daum lässt in Europa so ziemlich jeden gehen, der will. Nur 400 Topleute sind ausgenommen. Der Milliardenverlust im zweiten Quartal erhöht den Handlungsdruck zusätzlich.
Auch im Finanzbereich gilt das Ziel, 30 Prozent der Stellen einzusparen. Die Vorgaben seien überall ähnlich, heißt es im Konzern. Der Sparerfolg der zuständigen Führungskräfte wird per Punktsystem kontrolliert; je höherrangig der verabschiedete Kollege, desto mehr Punkte gibt es.
Die konkreten Angebote an die Mitarbeiter sollen jetzt vor allem im Juli und August herausgehen. Die Sanierung tut not, um die operative Marge von Mercedes bis 2022 auf die avisierten 6 Prozent zu bringen. Schon 2019 hatte Källenius eine neue Strategie samt Ergebnisprogramm angekündigt, doch noch ist wenig passiert. Im coronaverseuchten zweiten Quartal lag das Konzernminus bei 1,7 Milliarden Euro. Mercedes meldet für das erste Halbjahr mit 945.190 Fahrzeugen gut 20 Prozent weniger verkaufte Autos als 2019.
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Die Verkaufszahlen dürften auch langfristig unter Plan bleiben. 2,4 Millionen Autos hatte Mercedes 2019 verkauft, binnen weniger Jahre sollten es drei Millionen werden. Jetzt plane man überschlägig mit 20 Prozent weniger, heißt es im Konzern; und das nicht nur im Krisenjahr 2020.
Die Folge ist klar: Die Werke sind auf etwa eine halbe Million Fahrzeuge zu viel ausgelegt, bei Motoren- und Getriebewerken ist die Überkapazität angesichts des Wandels zur Elektromobilität eher noch höher.
Das Gemeinschaftswerk mit Nissan im mexikanischen Aguascalientes wird die Produktion wohl spätestens 2024/25 einstellen; bis dahin wird dort die A-Klasse-Limousine gebaut.
Die diversen Produktionsstätten in Brasilien? Källenius würde sie am liebsten dichtmachen, heißt es. "Da läuft aktuell nichts mehr; und das nicht nur wegen der Corona-Krise", sagt ein Finanzer. Die Entscheidung solle aufs Jahresende verschoben werden, um "den Widerstand nicht zu früh zu schüren".
Das C-Klasse-Werk im südafrikanischen East London sei kurz vor Stand-by – trotz hoher Investitionen in neue Anlagen. Ernsthaft in Betracht gezogen wird auch das Aus für das erst im vergangenen Jahr angelaufene Motorenwerk im polnischen Jawor; nur die in Aufbau befindliche Batterieproduktion scheint geschützt. Und dass der Vertrag mit dem finnischen Auftragsfertiger Valmet zügig beendet wird, gilt zumindest unter Betriebsräten als selbstverständlich.
Defensive: Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht
Defensive: Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht Foto: PR
Källenius will auch die ohnehin sehr teuren deutschen Werke nicht mehr verschonen. Selbst die Van-Produktion im brandenburgischen Ludwigsfelde stellte er im kleinen Kreis infrage; die früher hochprofitablen leichten Nutzfahrzeuge schreiben inzwischen regelmäßig hohe Verluste. Die Fabrik liegt in Ostdeutschland, dort arbeiten 2000 Menschen; schon eine scharfe Sparrunde wäre ein Politikum. Betriebsratschef Michael Brecht (55) hat längst sein Veto angekündigt.
Aber Brecht wird Kompromisse machen müssen, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, wie Personalvorstand Wilfried Porth (61) sie angedroht hat. Möglich wäre zum Beispiel eine deutliche Verkürzung der Arbeitszeit. Für Betriebsrat und IG Metall akzeptabel wäre wohl auch die Verlagerung kleinerer Werke in Joint Ventures mit Partnern. Schwieriger dagegen, dafür aber ganz oben auf der Wunschliste des Vorstands: ein Verkauf der Komponentenstandorte in Berlin-Marienfelde und Hamburg, in der Vergangenheit bereits zweimal gescheitert. Dort geht es jeweils um 2500 Jobs.
Offensive: Daimler-Personalchef Wilfried Porth
Offensive: Daimler-Personalchef Wilfried Porth Foto: PR
Ein Anfang immerhin wäre gemacht, wenn der Geländewagenneuling Ineos tatsächlich das Werk im lothringischen Hambach übernehmen würde. Dabei hatte es auch dort noch vor Kurzem ganz andere Pläne gegeben. Im Frühjahr 2018 sagte der damalige Daimler-Chef Dieter Zetsche (67) im Pariser Élysée-Palast, er wolle 500 Millionen Euro in Hambach investieren. Er versprach Staatspräsident Emmanuel Macron (42), dort würden künftig Elektroautos gebaut; er bringe die echte Marke Mercedes nach Frankreich, statt Smarts.
Jetzt steht das Werk zum Verkauf. Und Zetsche ist blamiert.
Der ehemalige Boss wird Ola Källenius und vor allem die Aufsichtsräte in den kommenden Monaten noch häufiger beschäftigen. Zetsche soll 2021 Manfred Bischoff (78) als Aufsichtsratsvorsitzender ablösen. Und je offensichtlicher das von ihm hinterlassene Chaos, desto geringer wird die Zahl seiner Verteidiger. Dazu zählt vor allem noch Bischoff.
Bei den internationalen Investoren ist Zetsche schon lange unten durch. Jetzt auch und zunehmend bei Daimler.
Entro pochi giorni Daimler presenterà il piano di ristrutturazione, che era necessario già prima del Coronavirus, adesso è impellente.
Kållenius è sotto pressione da parte degli azionisti e non sembra affatto risoluto. Il piano è stato preparato principalmente da Wilfried Porth, responsabile della catastrofe di Mercedes benz vans, e da Markus Schäfer, responsabile del disastro produttivo del 2018. Siamo in ottime mani quindi.
Oltre alla vendita della fabbrica Smart (se mai trovano un fesso che se la compra), Daimler vuole chiudere ben 4 impianti di componentistica, uscire dalla joint venture con Nissan in Messico (costerà almeno un miliardo di euro) e ridurre la capacità a Brema, Rastatt e Sindelfingen. Materiale per cui lottare con i sindacati ce n’è in abbondanza.